Bundesarbeitsgericht: Arbeitgeber darf Corona-Tests anordnen
Worum ging es?
Die Klägerin ist Orchestermusikerin der bayrischen Staatsoper. Sie wurde– wie auch anderen Mitarbeiter – im Jahr 2020 von der bayrischen Staatsoper dazu verpflichtet, zu Beginn der Spielzeit einen negativen PCR-Test vorzulegen, ansonsten wären sie nicht berechtigt, an Aufführungen und Proben teilzunehmen, so der Arbeitgeber. Weitere PCR-Tests sollten in einem Abstand von ein bis drei Wochen folgen, wobei die Kosten hierfür die Bayerische Staatsoper übernahm.
Arbeitnehmerin hat Testungen nicht erfüllt
Die Klägerin nahm diese Testungen nicht vor, da sie ihrer Auffassung nach einen unverhältnismäßigen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit darstellen würden. Der Freistaat Bayern zahlte der Klägerin in der Folge das Gehalt für mehrere Monate nicht. Die Klägerin begehrte vor dem Bundesarbeitsgericht die Zahlung der Vergütung für die betreffenden Monate, hilfsweise die Bezahlung der Zeiten häuslichen Übens sowie die Feststellung, ohne die Verpflichtung zur Durchführung von Corona-Tests beschäftigt zu werden.
Ergebnis:
Die Klägerin hatte vor dem Bundesarbeitsgericht keinen Erfolg. Dieses entschied, dass die Anweisung zur Durchführung von PCR-Tests nach dem betrieblichen Hygienekonzept der Bayerischen Staatsoper rechtmäßig erfolgte.
Der Arbeitgeber müsse gemäß § 618 Abs. 1 BGB Arbeitsleistungen so regeln, dass die Arbeitnehmer gegen Gefahren für Leben und Gesundheit weitestgehend geschützt seien. Zur Umsetzung von arbeitsschutzrechtlichen Maßnahmen könne der Arbeitgeber Weisungen gemäß § 106 Satz 2 GewO gegenüber seinen Arbeitnehmern erteilen. Die Testung stelle lediglich einen minimalen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit dar und sei damit eine verhältnismäßige Maßnahme.
Welche Tragweite hat diese Entscheidung?
Die Entscheidung macht einerseits deutlich, dass Arbeitgeber ihre Hygienekonzepte auf ihre Betriebe zugeschnitten aufstellen und auch gegenüber den Arbeitnehmern durchsetzen können. Das Bundesarbeitsgericht sprach den Arbeitgebern hiermit eine große Entscheidungsfreiheit im Hinblick auf ihre Maßnahmen im Betrieb zu. Andererseits ist zu beachten, dass sich der Fall vor dem Bundesarbeitsgericht im Herbst 2020 und damit zu einer Zeit ereignete, in der die Coronazahlen und auch die Erkenntnisse über das Virus gänzlich andere waren.
Im Ergebnis bedeutet das für die heutige Situation: Die Arbeitgeber haben zwar einen großen Teil an Entscheidungsfreiheit. Ihre Hygienekonzepte und Maßnahmen müssen aber immer im Einzelfall an die Umstände in dem Betrieb und auch an die jeweilige Coronalage angepasst – also zum jeweiligen Zeitpunkt erforderlich und angemessen – sein.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 1. Juni 2022 – 5 AZR 28/22