202007.13
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Der Vertrag legt das Bausoll fest, nicht die nachträgliche Bemusterung!

In einem Beschluss vom 26.02.2020 stellte der Bundesgerichtshof klar, dass nicht eine Auswahlentscheidung im Bemusterungstermin die vereinbarte Beschaffenheit einer Bauleistung definiert, sondern allein die vertraglichen Bestimmungen (BGH, 26.02.2020 - VII ZR 89/19 -). 

Sachverhalt

Die spätere Beklagte beauftragte die Klägerin im Rahmen umfangreicher Sanierungsmaßnahmen mit dem Einbau von Glaselementen. Die Ausschreibungsunterlagen gaben für die Konstruktion der Glaselemente eine Isolierverglasung aus Weißglas vor. Bei einem Bemusterungstermin sollte im Hinblick auf die optische Wirkung der Glaselemente die Oberflächenbeschichtung ausgewählt werden. Die Klägerin bat darum, bei dem Bemusterungstermin für die Vorführung der Oberflächenbeschichtung eine Probe aus dem billigeren Grünglas statt dem etwas kostspieligeren Weißglas verwenden zu dürfen. Die Beklagte stimmte zu. In dem Bemusterungstermin wählte die Beklagte eine Oberflächenbeschichtung aus, die in Kombination mit dem hinzugedachten Weißglas einen bestimmten optischen Eindruck erzielen sollte. Nach Einbau der Glaselemente fiel einem Mitarbeiter der Beklagten auf, dass die Klägerin statt Weißglas das in dem Bemusterungstermin verwendete Grünglas verbaut hatte. Die Beklagte verweigerte die Abnahme und schließlich die Zahlung des Werklohns, weil die Klägerin nicht das vereinbarte Weißglas verbaut hatte. Die Klägerin erhob Klage auf Zahlung des Werklohns.

 

Die Vorinstanz

Die Vorinstanz hatte als bewiesen angesehen, dass die in dem Bemusterungstermin ausgewählte Probe aus Grünglas gefertigt gewesen und die Glasbauelemente daher mit diesem Glas herzustellen gewesen seien, weil es sich bei der ausgewählten Musterscheibe um eine Probe im Sinne von § 13 Abs. 2 VOB/B gehandelt habe.

 

Der BGH korrigiert die Entscheidung

Der Bundesgerichtshof hielt dem entgegen, dass die Parteien einen Vertrag über die Herstellung und Lieferung von Glaselementen aus Weißglas geschlossen und sich anschließend darauf geeinigt hatten, dass im Rahmen des Bemusterungstermins im Hinblick auf die optische Wirkung der Glaselemente nur noch die Oberflächenbeschichtung ausgewählt werden sollte. Die im Vertrag bereits vereinbarte Beschaffenheit des Glases als Weißglas habe hingegen unverändert bleiben sollen.  Die Vorinstanz habe insoweit den wesentlichen Kern des Sachvortrags der Beklagten nicht erfasst. Allein der Umstand, dass Gegenstand der Bemusterung Glaselemente aus Grünglas waren, genüge nicht als Nachweis einer abweichenden Beschaffenheitsvereinbarung für die beweisbelastete Klägerin. Vielmehr war die Verwendung von Weißglas bereits vertraglich bestimmt und daher die vereinbarte Beschaffenheit.