Grundsatzurteil des BGH: Mietminderung wegen Baulärm sowie Staub- und Schmutzbelastung
Was war passiert?
Der BGH hat in einem Grundsatzurteil zu Gunsten eines Vermieters entschieden, der seinen Mieter auf Zahlung einbehaltener Miete (Mietminderung) in Anspruch genommen hatte.
40m neben der Wohnung des Mieters wurde eine Baustelle betrieben, von der Lärm- und Schmutzimmissionen ausgingen. Der Mieter hatte ein Lärmprotokoll erstellt und die Miete um 10% pauschal gekürzt. Darüber hinaus wurde die Mieten auch zeitweise wegen Mängel der Haustür gekürzt.
Der Vermieter hat den Mieter auf Zahlung der gekürzten Mieten verklagt.
Der Bundesgerichtshof hat hinsichtlich der Mietminderung wegen Baulärm sowie Staub- und Schmutzbelastung entschieden, dass nicht "typischerweise" mit Baumaßnahmen verbundene Lärm- und Schmutzimmissionen eine Mietminderung in der beanspruchten Höhe von 10% rechtfertigen.
Es muss darüber hinaus berücksichtigt werden, ob der Vermieter die Immissionen von dem Nachbargrundstück ohne eigene Abwehr- oder Entschädigungsmöglichkeit nach § 906 BGB hinnehmen muss. Dies hatten die Vorinstanzen bislang verkannt.
Leitsatz des BGH:
Nach Abschluss des Mietvertrags eintretende erhöhte Geräusch- und Schmutzimmissionen begründen, auch wenn sie von einer auf einem Nachbargrundstück eines Dritten betriebenen Baustelle (hier: zur Errichtung eines Neubaus in einer Baulücke) herrühren, bei Fehlen anderslautender Beschaffenheitsvereinbarungen grundsätzlich keinen gemäß § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Mietminderung berechtigenden Mangel der Mietwohnung, wenn auch der Vermieter die Immissionen ohne eigene Abwehr- oder Entschädigungsmöglichkeit nach § 906 BGB hinnehmen muss.
BGH, Urteil 29.04.2020 – VIII ZR 31/18 –
Praxisrelevanz?
Es handelt sich hier um ein Grundsatzurteil, das in kommenden Prozessen von erheblicher Bedeutung sein wird.
Für die Fälle des Streits der Mietvertragsparteien über eine Mietminderung wegen behaupteter Geräusch- und Schmutzimmissionen durch eine benachbarte Baustelle gilt, dass der Mieter die Darlegungs- und Beweislast sowohl dafür trägt, dass die von ihm angemietete Wohnung Immissionen der vorbezeichneten Art ausgesetzt ist, die die Gebrauchstauglichkeit der Wohnung unmittelbar beeinträchtigen, als auch dafür, dass es sich hierbei um eine wesentliche Beeinträchtigung im Sinne des § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB handelt.
Denn die hierauf bezogenen tatsächlichen Umstände liegen im Wahrnehmungsbereich des Mieters und sind daher - bezogen auf die Darlegungs- und Beweislast - seinem Verantwortungsbereich zuzuordnen. Dem Mieter wird hierdurch nicht mehr als das abverlangt, was er auch im Fall der Lärmbeeinträchtigung aus einer Nachbarwohnung darlegen und beweisen müsste.
Was muss der Vermieter darlegen und beweisen?
Der Vermieter muss darlegen und beweisen, dass ihm wegen der Beeinträchtigung weder Abwehr- noch Entschädigungsansprüche nach § 906 BGB zustehen. Gelingt ihm dies, kann der Mieter die Miete nicht mindern!