202003.18
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Keine Kürzung vergütungspflichtiger Fahrtzeiten (Außendienstmitarbeiter)

Sachverhalt:

Die Betriebsparteien hatten eine Betriebsvereinbarung über Arbeitszeit geschlossen. Hiernach sollten Anfahrtszeiten zum ersten und Abfahrtszeiten vom letzten Kunden nicht zur Arbeitszeit zählen, wenn sie 20 Minuten nicht übersteigen. Der einschlägige Manteltarifvertrag sah vor, dass sämtliche Tätigkeiten, die ein Arbeitnehmer in Erfüllung seiner vertraglichen Hauptleistungspflicht erbringt, mit der tariflichen Grundvergütung abzugelten sind. Der Arbeitnehmer hat gegen den Arbeitgeber geklagt und Gutschrift auf dem Arbeitszeitkonto (rd. 68 Stunden) verlangt (hilfsweise die Auszahlung).

Prozessverlauf:

Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht hatten die BV für wirksam erklärt und die Klage des Arbeitnehmers abgewiesen. Das Bundesarbeitsgericht hat beide Entscheidungen „kassiert“ und dem Arbeitnehmer einen Anspruch zuerkannt. Der Arbeitnehmer kann somit die Gutschrift der umstrittenen Fahrtzeiten verlangen, soweit unter ihrer Berücksichtigung die vertraglich geschuldete regelmäßige Arbeitszeit überschritten wurde.

Begründung:

Mit Fahrten von seiner Wohnung zum ersten Kunden und vom letzten Kunden zurück erfüllt der Kläger seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung

Ein daraus resultierender Vergütungsanspruch wird nicht durch die BV ausgeschlossen

Argument: Der Tarifvertrag enthält keine Öffnungsklausel zugunsten abweichender Betriebsvereinbarungen, so dass die streitbehaftete BV wegen Verstoßes gegen die Tarifsperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG unwirksam ist

BAG, Urteil vom 18.03.2020 - 5 AZR 36/19 - (noch nicht veröffentlicht)

 

Für die Praxis wichtig!

Bislang liegt hierzu nur die Pressemitteilung vor, die Urteilsgründe dürften indes lesenswert und für kommende Betriebsvereinbarungen von erheblicher Bedeutung sein.

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