202110.05
0

Alkoholbedingter Entzug der Fahrerlaubnis kann Kündigung rechtfertigen…

... wenn der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt wurde (hier verneint). 

Ist das Führen eines KFZ zwar nicht die alleinige, jedoch eine wesentliche Verpflichtung aus dem Arbeitsvertrag, stellt die alkoholbedingte Entziehung der Fahrerlaubnis einen an sich geeigneten Grund für eine außerordentliche bzw. ordentliche Kündigung dar.

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, 06.09.2021 – 1 Sa 299/20 –

Sachverhalt: 

Der gekündigte Mitarbeiter (Jahresgehalt rd. 140 T€) war im Außendienst tätig. Seine Aufgabe bestand darin, die Kunden vor Ort zu besuchen und zu beraten. Das Stellen- und Anforderungsprofil verlangte von dme Stelleninhaber u.a. „Flexibilität / Hohe Reisebereitschaft (gültiger Führerschein unbedingt erforderlich)“.

In der „International Company Car Policy“ des Unternehmens heißt es:

"Mitarbeiter dürfen niemals fahren, wenn sich Alkohol in ihrem Blut befindet. Selbst kleinste Alkoholmengen beeinträchtigen das Urteilsvermögen und erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mitarbeiter in einen Unfall verwickelt wird. Das Unternehmen hat eine Nulltoleranzhaltung gegenüber dem Fahren unter Einfluss illegaler Drogen. Jeden Mitarbeiter, der beim Fahren unter Alkohol- oder Drogeneinfluss angetroffen wird, erwartet ein sofortiges Disziplinarverfahren"

Der Mitarbeiter verursachte an einem Sonntag mit seinem Dienstwagen einen Verkehrsunfall. Er fuhr mit überhöhter Geschwindigkeit unter Alkoholeinfluss und kam von der Fahrbahn ab. Das Ergebnis der Atemalkoholprobe lag bei 1,8 Promille BAK. Das Amtsgericht erließ einen Strafbefehl gegen den Mitarbeiter, entzog ihm die Fahrerlaubnis und verhängte eine Sperrfrist von 12 Monaten.

Daraufhin sprach das Unternehmen die personenbedingte außerordentliche Kündigung aus. 

Das Landesarbeitsgericht hat die Kündigung für unwirksam erklärt. 

Denn das Unternehmen habe nicht dargelegt, dass eine (vorübergehende) Weiterbeschäftigung zu geänderten Bedingungen nicht möglich oder nicht zumutbar wäre.

Vorliegend habe der Mitarbeiter bereits vor Zugang der Kündigung den Vorschlag unterbreitet, für die Zeit des Führerscheinentzugs auf eigene Kosten einen Fahrer einzustellen, um auswärtige Termine wahrzunehmen. Eine solche Möglichkeit kommt als milderes Mittel gegenüber einer ansonsten auszusprechenden Beendigungskündigung in Betracht und ist vorliegend weder aus rechtlichen Gründen ausgeschlossen noch der Beklagten unzumutbar, so das Gericht in der Begründung. 

Auch unter dem Gesichtspunkt einer schuldhaften Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten hat die außerordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst. Denn das Unternehmen hätte den Mitarbeiter zuvor abmahnen müssen. 

Im Ergebnis muss das Unternehmen den Trunkenheitsfahrer damit weiter als Außendienstmitarbeiter beschäftigen.

Ob das belastete Arbeitsverhältnis jedoch erfolgreich fortgeführt wird, bleibt abzuwarten.